Der Kuss des Morgenlichts by Leah Cohn

Der Kuss des Morgenlichts by Leah Cohn

Autor:Leah Cohn
Die sprache: fra
Format: epub, mobi
Herausgeber: Fischer e-book


Als ich nach Hause kam, lag die Villa im Dunkeln. Nur durch das Küchenfenster drang ein schwacher Lichtschein. Cara hatte Aurora ins Bett gebracht und dort auf mich gewartet. Eine Teetasse stand vor ihr, doch sie war noch randvoll. Nervös rührte sie darin, als ich in die Küche trat. Ich konnte die drängenden Fragen beinahe hören, die ihr auf den Lippen brannten, aber sie beherrschte sich, und ich sagte nur knapp: »Du kannst jetzt gehen.«

Sie erhob sich rasch. Als sie an mir vorbeiging, wich ich instinktiv vor ihr zurück. Ein mitfühlender Ausdruck trat in ihr Gesicht.

»Sophie … «

»Bitte! Geh einfach!«

Sie gab nach. Ich hörte, wie sich ihre Schritte entfernten, dann, wie die Haustür zuschlug und der Motor ihres Autos aufheulte. Auch als es wieder völlig still war, blieb ich noch in der Küchentür stehen. Ich weiß nicht, wie lange ich dort verharrte, bevor ich kurz an Auroras Zimmertür lauschte und schließlich hoch ins Arbeitszimmer stieg. Ich machte kein Licht im Flur, um Aurora nicht aufzuwecken. Mit jedem Schritt, mit dem ich mich durch die Dunkelheit tastete, verstärkte sich das Gefühl, etwas Heimliches, Verbotenes zu tun.

Als ich das Arbeitszimmer erreicht hatte, schloss ich die Tür hinter mir und schaltete den Laptop ein. Das Flimmern des Bildschirms schmerzte in meinen Augen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis das Modem mit lautem Knacken eine Verbindung zum Internet hergestellt hatte. Diese Verbindung hatte sich in den letzten Wochen als höchst wankelmütig erwiesen – manchmal konnte ich problemlos surfen und E-Mails verschicken, dann wieder konnte ich stundenlang keinen Kontakt zum World Wide Web bekommen.

Heute funktionierte es tadellos. Ich öffnete die Startseite von Google und tippte zuerst das Wort Filim ein, dann, als ich auf kein aussagekräftiges Ergebnis stieß, Felim. Ich fand heraus, dass das ein Vorname war, jedoch nichts, was Nathans Worte irgendwie erklärte.

Ich stützte mein Kinn auf die Hände und starrte nachdenklich auf den Bildschirm. Nach welchen Alternativen könnte ich suchen? Sollte ich mir die Aufnahme auf dem Handy noch einmal anhören? Aber das hatte ich vorhin im Auto schon an die zehn Mal getan, ohne mehr zu verstehen als dieses halb genuschelte Felim.

Vielleicht, überlegte ich, könnte ich die Aufnahme in ein Tonstudio bringen, so dass sie genau analysiert würde. Aber damit müsste ich bis morgen früh warten.

Filim. Felim.

Mir fiel ein, dass ich es mit einer anderen Schreibweise versuchen könnte.

Philim.

Als ich die ersten Buchstaben eintippte, hörte ich hinter mir plötzlich tapsende Schritte. Ich zuckte zusammen, dann fiel vom Türschlitz her Licht ins Zimmer. Die Klinke wurde heruntergedrückt, langsam öffnete sich die Tür. Aurora stand mit nackten Füßen vor mir. Ihre Haare glänzten im Schein der Flurlampe rötlich, ihre Züge aber lagen im Dunkeln.

Wieder hatte ich das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, vor allem als ihr Blick, der zuerst starr auf mich gerichtet gewesen war, auf den Laptop glitt. Ob sie aus dieser Entfernung sehen konnte, nach welchem Wort ich suchte?

Hastig klappte ich den Laptop zu und rang mir ein Lächeln ab.

»Warum schläfst du denn nicht, Schatz?«

Sie stützte ihre Hände am Türrahmen ab und stellte sich auf die Zehenspitzen.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.